Die gute Nachricht zuerst: Das Thema Steuern bei ETFs war einst relativ kompliziert. Seit einer Gesetzesänderung, die seit 2018 greift, blickt man nun aber relativ gut durch.
Das Motto heute lautet: Alle ETFs werden (spätestens beim Verkauf der ETF-Anteile) steuerlich gleich behandelt. Egal,
- ob der ETF Aktien physisch besitzt oder nicht,
- ob er Dividenden ausschüttet oder nicht,
- in welchem Land er aufgelegt ist.
Der damalige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wollte mit der neuen „Gleichbehandlung“ unter anderem Steuerschlupflöcher schließen.
Das Thema ETFs und Steuern ist aktuell besonders relevant, da es sein kann, dass Anfang 2024 erstmals Steuern ans Finanzamt fließen, ohne dass Du Deinen ETF verkaufst.
Im Artikel erklären wir Dir, was es damit auf sich hat. Wir zeigen, welche Steuern Du abdrücken musst – und wie Du in manchen Fällen Steuern auf ETFs verringern oder sogar vermeiden kannst.
Welche Steuern auf ETFs fallen an?
Die wichtigste Steuer und die, bei der Du am meisten zahlen musst, ist die sog. Abgeltungssteuer. Daneben gibt es seit 2018 die Vorabpauschale, die 2023 erstmals relevant ist. Bei einzelnen Aktien kommt manchmal beim Kauf eine Quellensteuer hinzu. Was versteckt sich hinter den Begriffen?
Abgeltungssteuer
Die Abgeltungssteuer nennt man auch Kapitalertragssteuer. Sie wird also auf Kapitalerträge wie Zinsen und allgemein auf Gewinne aus Anlagegeschäften erhoben.
Du kennst sie vielleicht schon, wenn Du Zinsen auf Tages- oder Festgeld erzielt hast.
Der Begriff „Abgeltung“ deutet bereits auf die Besonderheit dieser Steuer hin. Denn mit einem festen Prozentsatz von 25 Prozent, etwa auf Aktiengewinne und Dividenden, sind alle steuerlichen Ansprüche abgegolten.
Zum Abgeltungssatz kommt (immer) noch der Solidaritätszuschlag hinzu. Daher liest man manchmal auch von 26,375 Prozent Abgeltungssteuer. Wer Kirchenmitglied ist, muss auf seine Kapitalgewinne noch Kirchensteuer zahlen.
Trotz der Extraposten: Alles in allem dürfte der Abgeltungssteuersatz für viele Anleger günstiger sein, als Kapitalerträge mit dem persönlichen Einkommensteuersatz zu versteuern.
Darüber hinaus können Anleger auch den sog. Sparerpauschbetrag oder Sparerfreibetrag nutzen. Die ersten 1.000 Euro Kapitaleinkünfte eines Jahres sind steuerfrei (2.000 Euro für ein Ehepaar). Dazu liest Du mehr.
Vorabpauschale
Das sperrige Wort Vorabpauschale klingt schlimmer, als es ist.
Die Vorabpauschale dient als Bemessungsgrundlage für eine Abgeltungssteuer, die der Fiskus einsammelt, bevor Du Deinen ETF eines Tages (gewinnbringend) verkaufst.
- Der Staat möchte von einer positiven Wertentwicklung Deines ETFs schon heute ein klein wenig profitieren, obwohl Du den Fonds vielleicht noch 20 Jahre im Depot halten willst.
- Man spricht auch von der Steuer auf Deinen fiktiven (also nicht realisierten) Gewinn.
- Verkaufst Du Deinen ETF später tatsächlich mit Gewinn, wird die bereits gezahlte Vorabsteuer angerechnet. Ansonsten kannst Du die Verluste beim Verkauf gegenrechnen.
Beachte: Die Vorabpauschale ist nur dann relevant, wenn Dein ETF in einem Jahr an Wert gewonnen hat – die darauf anfallende Steuer ist jedoch betragsmäßig gering. Außerdem kannst Du Deinen Sparerfreibetrag in Höhe von bis zu 1.000 Euro jährlich nutzen.
Das Prinzip der Vorabpauschale lässt sich gut am Beispiel eines ETFs veranschaulichen, der Dividenden wieder in Fondsanteile investiert. Solche ETFs akkumulieren oder thesaurieren also Gewinnausschüttungen.
Wenn Du neugierig bist, schau Dir eine detaillierte Rechnung. Eine Tabelle zeigt Dir außerdem, mit wie viel Vorabpauschale Du rechnen musst.
Die wichtigsten Ergebnisse vorweg:
- Anleger, deren ETF-Vermögen zum Jahresbeginn 2023 unter 56.000 Euro lag und die 2023 den vollen Sparerfreibetrag (1.000 Euro) bei ihrem Broker oder ihrer Bank eintragen, ist die Vorabpauschale nicht relevant.
- Für ETF-Anleger, die ihren Sparerfreibetrag nicht nutzen können, beträgt die Steuer auf die Vorabpauschale bei Aktien-ETFs 0,3 Prozent des ETF-Werts am Jahresanfang. Wenn Du die Steuerlast überschlagen möchtest, teile Dein ETF-Vermögen durch 300.
Quellensteuer
Die Quellensteuer ist nichts anderes als die Kapitalertragsteuer, die ein ausländischer Staat (Quellenstaat) von Dir verlangt, wenn Du
- Dividenden ausländischer Aktien beziehst oder
- die ausländischen Einzelaktien mit Gewinn verkaufst.
Theoretisch kann die Quellensteuer schonmal 30 Prozent betragen. Und normalerweise behält sie der ausländische Fiskus direkt ein. Allerdings hat Deutschland mit vielen Staaten sog. Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) geschlossen.
Darin ist der Steuersatz festgeschrieben, den ein deutscher Privatanleger maximal ans Ausland entrichten muss – beispielsweise nur 15 statt 30 Prozent. Der ausländische Fiskus behält oft nur diese reduzierte Quellensteuer ein. Du kannst sie Dir ansonsten mittels eines Formulars zurückholen.
Die verbleibende Quellensteuer lässt sich dann auf die Abgeltungssteuer anrechnen. Für ausländische Dividendenerträge oder Aktiengewinne ist dieser Betrag in der Jahressteuerbescheinigung Deines Depotanbieters angegeben.
Im besten Fall zahlst Du am Ende also nur die bekannten 26,375 Prozent Abgeltungssteuer auf Deine ausländischen Kapitalerträge. Wie immer gilt: Du zahlst nur dann Steuern auf Kapitalerträge, wenn diese den Freibetrag von 1.000 Euro pro Jahr übersteigen.
Teilfreistellung statt Quellensteuer bei ETFs
Mit der Reform der Investmentbesteuerung aus dem Jahr 2018 und der angestrebten „Gleichbehandlung“ aller Fonds und ETFs, wurde die Anrechnung ausländischer Quellensteuer auf die Abgeltungssteuer abgeschafft.
Stattdessen führte der Fiskus ein, dass ein gewisser Anteil von Fondserträgen von Anfang an frei von Steuern sein sollte. Bei Aktienfonds sind das zum Beispiel 30 Prozent. Man spricht auch von der Teilfreistellung. Der Vorteil hier: ETF-Anleger müssen hier nichts mehr weiter tun.
Wenn es darum geht, sich über ein Doppelbesteuerungsabkommen Teile der Quellensteuer erstatten zu lassen, so musst Du als Anleger ebenso wenig aktiv werden. Denn zwischen Dir und dem Quellenstaat steht der ETF als Käufer der Aktien.
Manche ETFs holen sich Quellensteuern wieder, andere lassen es bleiben, weil es zu viel Zeit und Mühe kostet. Am Ende muss der ETF gut kalkulieren und seine Kostenposten gegeneinander abwägen.
Denn am Ende bewerten Anleger einen ETF nicht danach, ob er sich die maximale Quellensteuer hat erstatten lassen. Sondern ob die Kosten insgesamt niedrig genug sind, dass der ETF in der Wertentwicklung nah an seinem Index bleibt.
Mehr Details, wie die Teilfreistellung sich auf die Berechnung der Abgeltungssteuer bei ETFs auswirkt, liest Du im Text.
Sparerpauschbetrag: So nutzt Du den Steuerfreibetrag bei ETFs
Es ist gut zu wissen, welche Steuern es alles auf ETFs gibt. Wenn Du allerdings ein paar einfache Schritte beachtest, bezahlst Du unter Umständen gar keine Steuern.
Hier kommt der sogenannte Sparerpauschbetrag ins Spiel. Der Sparerpauschbetrag beträgt pro Jahr und Person 1.000 Euro. Bis zu dieser Summe sind Kapitalerträge – Zinsen, Dividenden oder Verkaufsgewinne von Aktien, Fonds oder ETFs – steuerfrei.
Ehepaare können gemeinsam 2.000 Euro nutzen und haben dadurch ggf. einen steuerlichen Vorteil.
Damit Du den Sparerpauschbetrag nutzen kannst, hast du zwei Möglichkeiten.
Freistellungsauftrag
Der erste und bequemere Weg ist, wenn Du bei Deiner Bank oder Deinem Broker, wo Du Dein Wertpapierdepot hältst, einen sogenannten Freistellungsauftrag einstellst. Das geht in der Regel ganz einfach mit wenigen Klicks im Onlinebanking oder der App.
Hast Du mehrere Wertpapierdepots bei unterschiedlichen Anbietern, kannst Du die 1.000 Euro auch aufteilen.
Hast Du den Freistellungsauftrag eingerichtet, behält der Staat bis zur gewählten Höhe keine Abgeltungs
steuer ein. Du bekommst dann Dividenden, Zinsen oder Verkaufsgewinne vollständig gutgeschrieben.
Erstattung über die Steuererklärung
Die zweite Möglichkeit, den Sparerpauschbetrag zu nutzen, ist, Deine Kapitalerträge in der Anlage KAP Deiner Steuererklärung aufzulisten und anzugeben, dass Du bisher keinen, oder nur einen Teil des Sparerpauschbetrags in Anspruch genommen hast.
In dem Fall bekommst Du die zu viel entrichtete Abgeltungssteuer erstattet – aber natürlich zeitverzögert. Zum Zeitpunkt, an dem Dir Zinsen, Dividenden oder Verkaufsgewinne ausbezahlt werden, behält der FIskus die Abgeltungssteuer erst einmal ein.
Nichtveranlagung
Übrigens: Die Abgabe einer Steuererklärung ist Pflicht, wenn Du Kapitalerträge (egal in welcher Höhe) erzielst und inklusive der Kapitalerträge mehr als den Grundfreibetrag von 10.908 Euro im Jahr verdienst.
Hast Du im Jahr weniger als den Grundfreibetrag, kannst Du Dir bei Deinem zuständigen Finanzamt eine sogenannte Nichtveranlagungsbescheinigung ausstellen lassen.
Thesaurierende versus ausschüttende ETFs
Bevor wir die Steuern von ETFs im Detail berechnen können, solltest Du noch über die zwei gängigen Varianten von Aktien-ETFs Bescheid wissen.
Thesaurierende ETFs
ETFs, die Dividenden nutzen, um weitere Fondsanteile zu kaufen, nennt man auch thesaurierende ETFs (auf Englisch: accumulating ETF) oder Thesaurierer.
- Thesaurierende ETFs sind bei Sparern beliebt, denen es darum geht, Vermögen aufzubauen. Verbleiben die Dividenden im Fonds, profitieren Anleger von einer Art Zinseszinseffekt.
Ausschüttende ETFs
ETFs, die Dividenden an ihre Anleger auszahlen, heißen ausschüttende ETFs (auf Englisch: distributing ETFs) oder Ausschütter.
- Ausschüttende ETFs sind bei Sparern beliebt, die sich über ein regelmäßiges, kleines Einkommen freuen und dieses vielleicht sogar einplanen.
- Ambitionierte Anleger nutzen Dividenden auch in Kombination mit dem Sparerfreibetrag, um die Möglichkeit, Steuern zu sparen, bis ins Letzte auszureizen. Dazu später mehr.
So berechnest Du die Steuer bei einem thesaurierenden ETF
Um die gesamte Steuer für ETFs zu berechnen, kommt es auf folgende Punkte an:
- den Gewinn beim Verkauf (Abgeltungssteuer)
- den Gewinn am Ende eines Kalenderjahres (Abgeltungssteuer auf die Vorabpauschale)
- die Nutzung des Steuerfreibetrags (Freistellungsauftrag)
Sagen wir, Du hast 26.000 Euro in einem thesaurierenden ETF liegen. Zum Kaufzeitpunkt vor einem Jahr waren Deine Anteile 25.000 Euro Wert. Dein ETF hat also 1.000 Euro Wertgewinn erzielt.
Gewinn beim Verkauf (Abgeltungssteuer)
Verkaufst Du den ETF heute, musst Du Deinen Gewinn, die 1.000 Euro, grundsätzlich versteuern. Es kommt nun darauf an, wie viel Sparerfreibetrag Du in diesem Jahr noch zur Verfügung hast.
Nehmen wir an, Du erzielst 2023 keine weiteren Kapitalerträge, etwa Dividenden aus einem anderen ETF oder Zinsen auf Tagesgeld.
- In dem Fall solltest Du vor dem Verkauf sichergehen, dass Du den Freistellungsauftrag bei Deinem Broker über den gesamten Freibetrag, die 1.000 Euro, eingestellt hast.
- Ist Dein Freistellungsauftrag registriert, kannst Du die ETF-Anteile einfach verkaufen und Du bekommst den gesamten Gewinn auf Deinem Konto gutgeschrieben.
- Das Finanzamt behält keine Abgeltungssteuer ein.
Nehmen wir an, Du erzielst 2023 weitere Kapitalerträge, zum Beispiel eine Zinsgutschrift in Höhe von 200 Euro und hast beim Tagesgeldanbieter bereits 200 Euro Deines Freibetrags im Freistellungsauftrag hinterlegt.
- In dem Fall solltest Du vor dem Verkauf Deines ETFs sichergehen, dass Du die verbleibenden 800 Euro Freibetrag im Freistellungsauftrag bei Deinem Broker registriert hast.
- Dann sind 800 der 1000 Euro steuerfrei. Das Finanzamt behält auf die 800 Euro keine Abgeltungssteuer ein.
- Auf 70 Prozent des verbleibenden Gewinns von 200 Euro, also auf 140 Euro, behält das Finanzamt 26,375 Prozent an Abgeltungssteuer ein. Das sind 36,93 Euro.
Insgesamt zahlst Du in diesem Beispiel für 1.000 Euro Gewinn 36,93 Euro Abgeltungssteuer, das sind knapp 3,7 Prozent.
Gewinn am Jahresende (Abgeltungssteuer auf die Vorabpauschale)
Nehmen wir folgendes an.
- Dein thesaurierender ETF hat 2023 1.000 Euro Gewinn erzielt. Zum Jahresbeginn waren die ETF-Anteile 25.000 Euro Wert.
- Du möchtest Deine Anteile aber nicht verkaufen, sondern lässt diese in Deinem Depot liegen.
- Der Staat möchte sich einen Teil des Wertgewinns bereits heute sichern (Vorabpauschale).
- Du hast keinen Sparerfreibetrag zur Verfügung.
Um die Vorabpauschale für Aktien-ETFs zu berechnen, ist nicht der Gewinn relevant, sondern der Wert Deiner ETF-Anteile zum Jahresbeginn 2023.
- Vorabpauschale: Wert des ETF zum Jahresbeginn * Basiszins des Finanzministeriums * 0,7
- Abgeltungssteuer: Vorabpauschale * 0,7 * 26,375%.
Setzen wir nun unsere Werte ein:
- Vorabpauschale: 25.000 Euro * 2,55% * 0,7 = 446,25 Euro
- Abgeltungssteuer: 446,25 Euro * 0,7 * 26,375% = 82,39 Euro
Wichtige Erkenntnisse: Steuer auf thesaurierende ETFs
Hast Du keinen Sparerfreibetrag zur Verfügung, beträgt die jährliche „Vorab-Steuer“ auf Deinen ETF gut 82 Euro. Bei 25.000 Euro Fondswert sind das geringe 0,3 Prozent.
Da die Berechnung einer Formel folgt, bei der lediglich der Wert des ETF in der Vorabpauschale-Gleichung variiert, können wir das Ergebnis verallgemeinern zu:
Die „Vorab-Steuer“ für einen thesaurierenden Fonds 2023 beträgt maximal 0,3 Prozent des ETF-Werts zum Jahresbeginn 2023.
Interessiert Du Dich für die genauen Beträge der Vorabpauschale und Steuer, hilft Dir diese Tabelle.
Höhe der Vorabpauschale und Abgeltungssteuer für thesaurierende ETFs 20231
Die Tabelle macht deutlich:
- Die Vorabpauschale und die Abgeltungssteuer entwickeln sich ohne Berücksichtigung des Sparerfreibetrags proportional zum ETF-Wert am Jahresbeginn.
- Das Verhältnis zwischen Abgeltungssteuer und ETF-Wert beträgt stets knapp 0,003 (0,3 Prozent). Um die Höhe der Abgeltungssteuer zu schätzen, teile den Wert Deines ETFs einfach durch 300.
- Du kannst Deinen Sparerfreibetrag voll ausnutzen, wenn Dein ETF zum Jahresbeginn 2023 gut 56.000 Euro wert war. Die Vorabpauschale, auf die der Sparerfreibetrag angewendet wird, liegt genau bei 1.000 Euro.
- Du musst bei großen ETF-Vermögen durchaus „Vorab-Steuer“ abdrücken. Dein Sparerfreibetrag kann den Steuerbetrag nur mindern. Ärgere Dich aber auch in einem solchen Fall nicht. Denn verkaufst Du eines Tages Deine Anteile, wird Dir die Steuer angerechnet.
- Sollte die Wertsteigerung Deines ETF geringer sein als die per Formel ermittelte Vorabpauschale, so beschränkt sich die Vorabpauschale auf diesen Wert. Du zahlst dann weniger Abgeltungssteuer.
So berechnest Du die Steuer bei einem ausschüttenden ETF
Auch, wenn Dein ETF Dividenden ausschüttet: Die Logik der Besteuerung ist gleich der des thesaurierenden Fonds.
- Auch beim Ausschütter musst Du Deinen fiktiven Jahresgewinn mittels der Vorabpauschale versteuern.
- Der Unterschied ist jetzt jedoch: Dividenden, die unterm Jahr gezahlt und versteuert werden, lassen sich auf die Vorabpauschale anrechnen.
- Ist die Dividende größer als die Vorabpauschale, wird nur die Dividende besteuert.
Schauen wir uns ein Beispiel an, bei dem die Dividende auf die Abgeltungssteuer angerechnet wird
Gewinn am Jahresende (Abgeltungssteuer auf die Vorabpauschale)
Die Ausgangssituation:
- Dein ausschüttender ETF hat im Jahr 2023 750 Euro Gewinn erzielt. Zum Jahresbeginn waren die ETF-Anteile 25.000 Euro Wert. Du hast außerdem 250 Euro an Dividenden gutgeschrieben bekommen.
- Während Du Deine Dividenden verwendest, möchtest Du Deine ETF-Anteile nicht verkaufen, sondern lässt diese in Deinem Depot liegen.
- Der Staat möchte sich einen Teil des Wertgewinns bereits heute sichern (Vorabpauschale).
- Du hast keinen Sparerfreibetrag zur Verfügung.
- Die Vorabpauschale ist größer als die Dividendenzahlung.
Um die Vorabpauschale für Aktien-ETFs zu berechnen, ist nicht der Gewinn relevant, sondern der Wert Deiner ETF-Anteile zum Jahresbeginn 2023. Beim ausschüttenden ETF kommen nun zusätzlich die Dividenden ins Spiel.
Wir erinnern uns:
- Vorabpauschale: Wert des ETF zum Jahresbeginn * Basiszins des Finanzministeriums * 0,7
- Abgeltungssteuer: Vorabpauschale * 0,7 * 26,375%.
Mit den eingesetzten Werten:
- Vorabpauschale: 25.000 Euro * 2,55% * 0,7 = 446,25 Euro
- Wert der Dividende: 250 Euro
- Abgeltungssteuer: (446,25 Euro – 250 Euro) * 0,7 * 26,375% = 36,23 Euro
Hast Du keinen Sparerfreibetrag zur Verfügung, beträgt die jährliche „Vorab-Steuer“ auf Deinen ETF also gut 36 Euro.
Das ist ja weniger als beim Thesaurieren, fragst Du Dich nun vielleicht. Und Du hast recht: Die Abgeltungssteuer auf die Vorabpauschale ist beim ausschüttenden ETF geringer. Allerdings hast Du die Dividende bereits am Tag der Ausschüttung versteuert.
- Damals behielt das Finanzamt Abgeltungssteuer auf 70 Prozent Deiner Dividende ein, also 0,7 * 250 * 0,26375 = 46,16 Euro.
- Die Abgeltungssteuer auf die Dividende und auf die Vorabpauschale zusammengerechnet ergeben erneut die 82,39 Euro, die Du auch beim thesaurierenden Fonds bezahlst.
Thesaurierer versus Ausschütter: Welcher Fonds ist steuerlich besser?
Ganz zu Beginn des Textes haben wir schon gesagt: Spätestens nach Verkauf ist die Steuer, die Du insgesamt auf Erträge gezahlt hast, gleich – egal, wie Dein ETF mit Dividenden umgeht.
Doch wie verhält es sich „zwischendrin“, wenn Du also noch nicht verkaufst und fiktive Beträge „vorversteuern“ sollst.
- In älteren Artikeln liest man manchmal noch davon, dass thesaurierende Fonds im Vorteil waren. Der Basiszins zur Berechnung der Vorabpauschale war negativ oder so niedrig, dass die Vorabpauschale quasi nicht ins Gewicht fiel. Die Ausschütter mussten dennoch laufend ihre Dividenden versteuern.
- Mit Anstieg des Basiszinses auf 2,55 Prozent im Jahr 2023 sieht die Sache nun aber anders aus. Die Vorabpauschale liegt betragsmäßig höher und manche Anleger müssen Steuern darauf abdrücken.
Welche Fondsart am Ende die Steuern besser „stunden“, also in Richtung Verkaufszeitpunkt verschieben kann, hängt am Ende davon ab, wie sich Dividenden zur Vorabpauschale verhalten. Wir nehmen zur Vereinfachung an, dass Du Deinen Sparerfreibetrag nicht nutzen kannst.
Leicht unterschiedliche Steuer „zwischendrin“
Folgende Tabelle zeigt ein Zahlenbeispiel, das wir für realistisch halten.
- Fondsanteile im Wert von 10.000 Euro entwickeln sich über 10 Jahre mit 7 Prozent pro Jahr.
- Der Basiszins zur Berechnung der Vorabpauschale beträgt 2,55 Prozent und ist über die Zeit konstant.
- Dividendenzahlungen machen 2 Prozent des Fondswerts aus.
Unterschiedliche Steuern auf ETFs vor Verkauf der Anteile (in €)
Wie Du sehen kannst, liegen unter den gegebenen Voraussetzungen die Steuern auf die Vorabpauschale (beim Thesaurierer) und auf Vorabpauschale und Dividende (beim Ausschütter) gar nicht so weit auseinander. Es stehen 455 Euro gegenüber gut 470 Euro.
Weil in den Jahren 8, 9 und 10 die Dividenden die Vorabpauschale etwas unterschreiten, hast Du als Anleger in diesen Jahren neben den DIvidenden auch einen kleinen Anteil Vorabpauschale zu versteuern.
Anders als in der Vergangenheit kann der Thesaurierer also kaum mehr Steuern nach hinten verlagern. Egal, welchen ETF Du besitzt, Du musst in etwa die gleiche Summe abdrücken. Dies gilt auch für eine Berechnung, die einen über die Jahre leicht ansteigenden Basiszins annimmt.
Gleiche Steuer nach Verkauf
Unterscheiden sich die Steuerabgaben also leicht, während Du die ETF-Anteile hältst, gleicht sich die steuerliche Belastung beim Verkauf Deiner Anteile aus. In der Tabelle stellen wir das für unser obiges ETF-Beispiel dar.
Steuer auf ETFs: Zwischendrin und bei Verkauf
Zur Erklärung:
- Addiert man die Steuer auf den Verkaufsgewinn des ETFs mit der bereits entrichteten Steuer auf die Vorabpauschalen und Dividenden, die über die 10 Jahre Haltedauer angefallen sind, variieren die nominalen Beträge (1.786 zu 1.632 Euro).
- Allerdings ist auch der Gewinn beim Ausschütter etwas geringer, denn es gibt keinen Zinseszinseffekt durch wieder angelegte Dividenden.
- Setzt man die gesamte Steuer des jeweiligen ETFs ins Verhältnis zum Gewinn des ETF, stellen wir fest, dass die Steuern in beiden Fällen 18,5 Prozent des Gewinns ausmachen.
Würde man nun noch Quellensteuern berücksichtigen, die der Fonds zuvor bereits ins Ausland abgeführt hat, sollte sich ein Steuersatz nahe der Abgeltungssteuer plus Soli, also rund 26,375 Prozent, ergeben.
Basiszins und Teilfreistellung
In den vorigen Beispielen haben wir Dir zwei Berechnungsgrößen einfach vor die Nase gesetzt. Die Erklärung holen wir hier nach.
Basiszins
Den sog. Basiszins legt das Bundesfinanzministerium (BMF) normalerweise zum Jahresbeginn fest. Der Zins orientiert sich an den Zinsen bestimmter Bundeswertpapiere.
Diese sind zuletzt gestiegen, weil die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen in mehreren Schritten erhöht hatte.
Für 2023 beträgt der Basiszins des BMF 2,55 Prozent. In den vergangenen Jahren war er stets negativ.
Weil der Basiszins 2023 zum ersten Mal seit Änderung der Investmentbesteuerung 2018 positiv ist, wird das Thema Vorabpauschale und deren Besteuerung erst in diesem Jahr für Anleger relevant.
Teilfreistellung
Das neue Investmentsteuergesetz sieht vor, dass nur 70 Prozent der Erträge aus Aktienfonds als Besteuerungsgrundlage dienen. 30 Prozent sind freigestellt. Das nennt man Teilfreistellung.
Verkaufst Du also Deinen Aktien-ETF mit 1.000 Euro Gewinn, fällt nur auf 700 Euro die Abgeltungssteuer an. 300 Euro sind steuerfrei.
Auch in der Formel für Abgeltungssteuer auf die Vorabpauschale taucht der Faktor 0,7 auf. Nur 70 Prozent der Vorabpauschale werden zur Berechnung der Abgeltungssteuer herangezogen.
Die Höhe der Teilfreistellung kann je nach Fondsart unterschiedlich sein. Als Aktienfonds mit 30-Prozent-Freistellung gilt jeder Fonds mit Aktienanteil größer als 50 Prozent.
Bei Mischfonds mit Aktienanteil zwischen 25 und 50 Prozent sind nur 15 Prozent der Erträge teilfreigestellt und 85 Prozent zu versteuern.
Was Du aus dem Text mitnehmen kannst
Die Besteuerung von Investmentfonds und ETFs hat sich 2018 grundlegend geändert. Das Motto ist nun, alle Fonds steuerlich gleich zu behandeln, egal, wo sie aufgelegt sind, wie sie mit Dividenden umgehen und ob sie die Indexaktien vollständig oder nur teilweise besitzen.
2024 wird wohl erstmals Abgeltungssteuer auf Buchgewinne fällig – Dein ETF hat also im Depot an Wert gewonnen, Du verkaufst Deine Anteile aber nicht. Hier möchte der Staat vorab einen Happen Steuern abhaben, der Dir später jedoch wieder angerechnet wird.
Um diesen Steuerhapen zu berechnen, brauchen wir die sog. Vorabpauschale. Sie wird nach einer festen Formel berechnet, die unter anderem den Wert des ETF zu Jahresbeginn einschließt, als auch einen Basiszins, den das Finanzministerium festlegt.
Hast Du einen thesaurierenden ETF, kannst Du die fällige Steuer überschlagen. Teile dafür den Wert Deines Fonds zum Jahresbeginn durch 300. Bei 30.000 Euro Fondswert kämen also etwa 100 Euro „Vorab-Steuer“ zusammen. Das gilt, wenn Du Deinen Sparerfreibetrag nicht nutzt.
Wir haben berechnet, dass Du bei 56.000 Fondswert in etwa auf eine Vorabpauschale von 1.000 Euro kommst. So hoch ist Dein Steuerfreibetrag pro Jahr. Hast Du sonst keine Kapitalerträge, kannst Du die 1.000 Euro Steuerpauschbetrag nutzen und zahlst nichts an den Fiskus. Viele Privatanleger finden sich vermutlich hier wieder.
Wir haben gezeigt, dass es beim geltenden Basiszins von 2,55 Prozent wenig Unterschied macht, ob Du einen Thesaurierer oder Ausschütter hältst. Sollte Steuer auf Vorabpauschalen und Dividenden über eine gewisse Haltedauer fällig werden, liegen diese nicht mehr so weit auseinander wie in den vergangenen Jahren.
Zudem haben wir nachgerechnet, dass sich die Steuerlast auf den Verkaufsgewinn eines ETF spätestens mit Verkauf der Fondsanteile angleicht. Die Fonds sind dann „gleichberechtigt“.
Häufige Fragen zur Steuer bei ETFs
Wie rechnet man die Vorabpauschale aus?
Die Vorabpauschale berechnet sich nach folgender Formel: Wert des ETF zum Jahresbeginn * Basiszins des Finanzministeriums * 0,7. Auf 70 Prozent die Vorabpauschale wird dann Abgeltungssteuer erhoben. Fällt die Vorabpauschale unter den Sparerfreibetrag, zahlst Du keine Steuern.
Wie müssen ETFs in der Steuererklärung angegeben werden?
Gewinne auf ETFs landen in der Steuererklärung in der Anlage KAP. Die Höhe des einzutragenden Gewinns nennt Dir Dein Broker in der Jahressteuerbescheinigung. Hast Du es versäumt, einen Freistellungsauftrag zu stellen, kannst Du dies in der Steuererklärung vermerken und bekommst Geld erstattet.
Was passiert, wenn mein ETF Verlust macht?
Bleibt die Wertentwicklung Deines ETFs im Jahresverlauf konstant oder entwickelt sich negativ, entfällt die Vorabpauschale. Du zahlst keine Steuern.
Wie hoch ist die Teilfreistellung bei verschiedenen Fonds?
Hat Dein Fonds dauerhaft mehr als 50 Prozent Aktienanteil, zählt er als Aktienfonds. Dann sind nur 70 Prozent der Erträge steuerpflichtig. Die Teilfreistellung beträgt also 30 Prozent.
Hat Dein Fonds zwischen 25 und 50 Prozent seines Werts in Aktien investiert, zählt er als Mischfonds. Dann sind 85 Prozent der Erträge steuerpflichtig. Die Teilfreistellung beträgt 15 Prozent.
Bei einem Immobilienfonds sind 60 Prozent der Erträge frei von Abgeltungssteuer. Befinden sich mehr als die Hälfte der Immobilien im Ausland, sind 80 Prozent der Erträge freigestellt.
Author: Colleen Shelton
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