Mehr als 70 Millionen Deutsche sind Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und greifen auf ein gutes Standardpaket an Leistungen zurück.
Das kostet, und zwar zunächst 14,6 Prozent des Bruttoeinkommens. Dazu kommt der sogenannte Zusatzbeitrag, den jede Kasse individuell und jedes Jahr neu festlegen kann.
Normalerweise erhöht sich der Zusatzbeitrag, wenn ein Expertengremium höhere Kosten fürs Gesundheitssystem prognostiziert. Für 2023 ist der durchschnittliche Zusatzbeitrag von 1,3 auf 1,6 Prozent gestiegen.
Was hinter dem Zusatzbeitrag steckt und wie genau sich die gesetzlichen Krankenkassen finanzieren, haben wir für Dich im Artikel zusammengefasst. Die besten Krankenkassen 2022 findest Du in unserer Analyse.
Wie finanziert sich die gesetzliche Krankenversicherung?
Die GKV finanziert sich normalerweise aus drei Quellen
- aus dem einheitlichen Beitragssatz von 14,6 Prozent am Bruttoeinkommen,
- aus dem Zusatzbeitrag von durchschnittlich 1,6 Prozent des Bruttos und
- aus Steuermitteln, die der Bund zuschießt.
Bei Angestellten (bzw. Rentnern) werden Beiträge und Zusatzbeiträge direkt vom Lohn (Rente) einbehalten, wobei der Arbeitgeber (die Rentenversicherung) je die Hälfte der Kosten übernimmt. Bei Freiberuflern und Selbstständigen, die freiwillig versichert sind, bucht die Kasse die Beiträge in der Regel vom Konto ab.
Gesundheitsfonds verteilt Mittel neu
Beiträge und Zusatzbeiträge bleiben nicht etwa bei den einzelnen Kassen, sondern fließen gemeinsam mit den Steuerzuschüssen vom Bund in einen großen Topf, den sogenannten Gesundheitsfonds. Das gesamte Geld geht anschließend nach einem Schlüssel verteilt zu den 103 gesetzlichen Kassen zurück.
Dabei spielt der solidarische Gedanke der GKV eine Rolle: Jeder GKV-Versicherte hat das Recht auf die gleiche Versorgung, unabhängig von Vorerkrankungen und Einkommen.
So bekommen Krankenkassen, deren Versicherte öfter, länger oder teurer behandelt werden, etwa, weil sie chronisch krank oder älter sind, entsprechend mehr Geld aus dem Gesundheitsfonds (sogenannter Risikostrukturausgleich). Kassen, deren Versicherte geringere Beiträge beisteuern, weil sie weniger verdienen, werden ebenfalls kompensiert (Einkommensausgleich).
Ein Schaubild, wie der Gesundheitsfonds vereinfacht funktioniert, liefert zum Beispiel der Verband der Ersatzkassen VDEK.
Die Rolle des Krankenkassen-Zusatzbeitrags
Obwohl jede Kasse ihren eigenen Zusatzbeitrag erhebt, fließt dieser am Ende doch in den Gesundheitsfonds: Auf den ersten Blick klingt dies unlogisch. Wenn die Kasse ihren Zusatzbeitrag nicht behält, warum legt sie ihn dann selbstständig fest – und nach welchen Kriterien?
Die Antwort lautet: Würde es anders laufen und würde jede Kasse den Zusatzbeitrag direkt einbehalten, hätten die Kassen mit „gesünderen“ und einkommensstärkeren Versicherten einen Wettbewerbsvorteil. Sie hätten mehr Einnahmen und weniger Ausgaben – und könnten so den Zusatzbeitrag deutlich niedriger halten als Kassen mit einer weniger vorteilhaften Versichertenstruktur.
Das ist vom Gesetzgeber aber nicht gewollt. Die Idee ist daher vielmehr, dass Kassen vorausschauend planen. Sie kennen ihre Versichertenstruktur und können mit Blick auf vergangene Ausgaben einschätzen, wie viele Mittel sie im Folgejahr zusätzlich benötigen. Auch haben sie Einblick in die Verteilungsschlüssel von Risikostruktur- und Einkommensausgleich.
Expertengremium schätzt Gesundheitskosten
Dabei unterstützt sie die Einschätzung eines Expertengremiums, das sich aus Mitarbeitern des Gesundheitsministeriums, des Bundesamts für Soziale Sicherung und des GKV-Spitzenverbands zusammensetzt. Dieser sogenannte Schätzerkreis tagt jedes Jahr im Oktober und prognostiziert Einnahmen und Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für das Folgejahr – und einen durchschnittlich nötigen Zusatzbeitrag.
Die Kassen kalkulieren ihren individuellen Zusatzbeitrag so, dass sie in etwa die Mittel aus dem Gesundheitsfonds zurückbekommen, die sie brauchen, um ihre Kosten zu decken. Die Höhe des Zusatzbeitrags geben die Kassen normalerweise um den Jahreswechsel herum bekannt.
Um einen Anreiz zu schaffen, kosteneffizient zu arbeiten und im Bereich der Zusatzleistungen attraktiv zu bleiben, ist ein geringer Wettbewerb zwischen den Kassen erwünscht. So kannst Du bei Erhöhungen des Zusatzbeitrags, bei einem Arbeitgeberwechsel oder regulär nach zwölf Monaten Mitgliedschaft die Kasse wechseln. Mehr dazu, wie der Wechsel genau funktioniert, liest Du weiter unten.
Zusatzbeiträge steigen 2023
Laut Gesundheitsministerium fehlen den gesetzlichen Krankenkassen 2023 rund 17 Milliarden Euro. Aus diesem Grund hat der Bundestag Ende Oktober 2022 das sog. GKV-Finanzstabilisierungsgesetz beschlossen.
Die Finanzlücke will die Regierung aus mehreren Quellen stopfen. Wichtig sei gewesen, das Leistungsniveau zu halten und Zusatzbeiträge nur „in begrenztem Rahmen“ steigen zu lassen, so Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
„Begrenzter Rahmen“ heißt in diesem Fall: Der durchschnittliche Zusatzbeitrag steigt 2023 von 1,3 auf 1,6 Prozent. Es wird also Kassen geben, deren Zusatzbeitrag geringer ansteigt und welche, die deutlich mehr aufschlagen. Ein genauer Vergleich ist also sinnvoll. Den Zusatzbeitrag teilen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Neben dem Anstieg des Zusatzbeitrags, gewährte der Bund den Krankenkassen ein Darlehen in Höhe von 1 Milliarde Euro. Auch die Finanzreserven der Krankenkassen sollen angezapft werden. Alle Maßnahmen im Rahmen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes findest Du beim Bundesgesundheitsministerium.
Rückblick Zusatzbeitrag 2022
2022 war der Zusatzbeitrag im Vergleich zu 2021 konstant bei 1,3 Prozent verblieben. Das war politisch so gewollt und gesetzlich festgehalten. Der damalige Bundesgesundheitsminister Spahn (CDU) wollte die Beitragslast jedes einzelnen stabil halten. Das fehlende Geld schoss der Bund aus zusätzlichen Steuermitteln zu.
Vielerorts galt damals die Corona-Pandemie als Grund für die steigenden Gesundheitskosten. Spahn verwies neben den Kosten für die Pandemiebewältigung auf die nötigen, aber teuren Investitionen in Pflege, Digitalisierung und flächendeckende Versorgung. Weiterhin wiesen Experten auf geringere Einnahmen der Kassen hin, da Einkommen während Corona gesunken waren.
Krankenkassen-Zusatzbeitrag für 2023 prüfen und Beiträge sparen
Spätestens im Januar 2023 geben die gesetzlichen Krankenkassen ihren Zusatzbeitrag fürs neue Versicherungsjahr bekannt. Sollte Deine Kasse ihren Zusatzbeitrag erhöhen, kannst Du überlegen, ob Du nicht die Kasse wechseln und damit etwas Geld einsparen kannst.
95% der Leistungen sind bei allen Kassen gleich. Wenn es Dir vor allem auf diese ankommt, steht einem Wechsel zu einer günstigeren Kasse nichts im Wege. Wenn Dir bestimmte Zusatzleistungen, wie Homöopathie, Sportkurse oder Leistungen rund um die Geburt wichtig sind, solltest Du zuerst schauen, ob die neue Kasse diese auch anbietet.
Zusatzbeitrag der bundesweiten Kassen 2022
Die Tabelle zeigt, wie sehr die Beitragssätze 2023 bei den bundesweit geöffneten Kassen auseinandergehen. Die günstigsten Kassen (BKK firmus und BKK Gildemeister Seidensticker) verlangen einen Zusatzbeitrag von 0,9 Prozent. Die teuerste (BKK VBU) verlangt dagegen 1,8 Prozent Zusatzbeitrag.
So viel Zusatzbeitrag erheben bundesweite Kassen1 2023
Name der Kasse | Zusatzbeitrag 2023, in % | Erhöhung in %-Punkten | Beitragssatz 2023, in % |
BKK firmus | 0,9 | 0,06 | 15,5 |
BKK Gildemeister Seidensticker | 0,9 | keine | 15,5 |
hkk | 0,98 | 0,29 | 15,58 |
IKK gesund plus | 1,1 | keine | 15,7 |
Techniker Krankenkasse | 1,2 | keine | 15,8 |
HEK | 1,3 | keine | 15,9 |
Barmer | 1,5 | keine | 16,1 |
DAK Gesundheit | 1,7 | 0,2 | 16,3 |
BKK VBU | 1,8 | 0,2 | 16,4 |
Quelle: www.krankenkassen.de/gesetzliche-krankenkassen/krankenkasse-beitrag/zusatzbeitrag/. 11. Januar 2023.
Zusatzbeiträge der regionalen Kassen
Bist Du 2023 bei einer regionalen Kasse versichert – die bekanntesten sind die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) – bezahlst Du womöglich ebenfalls mehr als noch 2022. Die Tabelle zeigt, wie sehr die Beitragssätze der regionalen Kassen für 2023 auseinandergehen.
So viel Zusatzbeitrag erheben regionale Kassen1 2023
Name der Kasse | Zusatzbeitrag 2023, in % | Erhöhung in %-Punkten | Beitragssatz 2023, in % |
BKK Pfaff | 0,8 | 0,4 | 15,4 |
BKK Euregio | 0,84 | keine | 15,44 |
AOK Sachsen-Anhalt | 1,0 | 0,2 | 15,6 |
AOK Bayern | 1,58 | 0,28 | 16,18 |
AOK Baden-Württemberg | 1,6 | 0,3 | 16,2 |
AOK Rheinland-Hamburg | 1,8 | 0,2 | 16,4 |
AOK Nordost | 1,9 | 0,2 | 16,5 |
BKK exklusiv | 1,99 | 0,7 | 16,59 |
Quelle: www.krankenkassen.de/gesetzliche-krankenkassen/krankenkasse-beitrag/zusatzbeitrag/. 11. Januar 2023.
Unter den mitgliederstärksten regionalen Kassen sind die AOK Bayern und AOK Baden-Württemberg. Wer dort versichert ist, zahlt 2023 etwa den bundesweiten Durchschnitt.
So prüfst Du, ob sich ein Wechsel lohnt
Wenn Du nicht sicher bist, ob sich ein Wechsel der Krankenkasse für Dich lohnt, geh in drei Schritten vor.
- Überlege, welche Zusatzleistungen (Behandlungsmethoden, Kurse, Leistungen rund um die Familie) Dir besonders wichtig sind. Hat nur Deine aktuelle Kasse die passenden Zusatzleistungen – eine Liste findest Du auf der Internetseite – ist es womöglich am besten, bei der Kasse zu bleiben.
- Genügt Dir der Standard-Leistungskatalog der gesetzlichen Kassen, prüfe, ob Deine Kasse den Zusatzbeitrag für 2023 angehoben hat. Beachte: Schau direkt auf der Webseite Deiner Krankenversicherung nach. Einen Brief, der die Beitragserhöhung kommuniziert, soll es für 2023 nicht geben. Rechne dann die Mehrkosten aus.
Das geht ganz einfach mit der Formel:
(alter minus neuer Zusatzbeitrag) / 100 * Dein Bruttoeinkommen / 2
Teile am Ende durch zwei, wenn Dein Arbeitgeber oder bei Selbstständigen die Künstlersozialkasse die Hälfte Deiner Beiträge übernimmt.
Wichtig: Verdienst Du 59.850 Euro brutto im Jahr 2023 oder mehr (sog. Beitragsbemessungsgrenze), zahlst Du den Höchstbetrag zur gesetzlichen Krankenversicherung. Um Deine Mehrkosten zu berechnen, verwende in der Formel diese Obergrenze (Beitragsbemessungsgrenze).
- Würdest Du Dir die Mehrkosten lieber sparen, schau nach einer (bundesweit geöffneten) Krankenkasse mit einem niedrigeren Zusatzbeitrag und wechsle.
Wir haben uns im Dezember 2021 Zusatzleistungen und Preise der bundesweit geöffneten Krankenkassen genau angeschaut. Lies unsere Analyse zu den Besten Krankenkassen 2022.
So wechselst Du einfach Deine Kasse
Seit 2021 ist es noch einfacher als bislang, die Krankenkasse zu wechseln. Denn nun kündigt die neue Kasse die Mitgliedschaft bei der Vorgänger-Kasse. Möchtest Du wechseln, musst Du ab sofort nur noch die neue Kasse informieren – einen Aufnahmeantrag gibt es oft online – und dem Arbeitgeber formlos, also etwa per E-Mail, Bescheid geben.
Du kannst wechseln, wenn
- Du 12 Monate bei einer Kasse versichert warst. Gibst Du der neuen Kasse Bescheid, musst Du zwei Monate „Kündigungsfrist“ einkalkulieren.
- Du den Job wechselst. Nachdem Du den Job angetreten hast, hast Du zwei Wochen Zeit, bei einer neuen Kasse einen Aufnahmeantrag zu stellen.
- Deine Kasse den Zusatzbeitrag erhöht. Gib Deiner neuen Kasse noch in dem Monat Bescheid, in dem Deine bisherige Kasse den höheren Beitrag das erste Mal erhebt.
Mehr Infos und einige Checklisten, wie Du in Deinem speziellen Fall vorgehst, findest Du in unserem Ratgeber Krankenkasse wechseln.
Das kannst Du aus dem Artikel mitnehmen
Die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland finanzieren sich über den regulären Beitragssatz von 14,6 Prozent am Bruttoeinkommen, dem Zusatzbeitrag und Steuermitteln. Jede Kasse legt den Zusatzbeitrag selbst fest, im Bundesdurchschnitt beträgt er 2023 1,6 Prozent und steigt damit im Vergleich zu 2022 um 0,3 Prozentpunkte an. Kassen behalten die Zusatzbeiträge nicht, sondern führen sie zusammen mit den regulären Beiträgen an den Gesundheitsfonds ab.
Dieser gibt die Mittel nach einem festen Schlüssel zurück an die einzelnen Kassen. Dabei wird unter anderem das Alter, Behandlungskosten und Einkommen der Versicherten berücksichtigt. Experten schätzen, dass zahlreiche Kassen 2023 ihren Zusatzbeitrag teils deutlich erhöhen werden. In dem Fall kannst Du prüfen, ob sich ein Wechsel zu einer günstigeren Kasse lohnt. Du kannst aber auch wechseln, wenn Dir bestimmte Zusatzleistungen wichtig sind. Die besten Krankenkassen 2022 stellen wir in unserer Analyse vor.
Author: Maria Riley
Last Updated: 1703085122
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